Darmstadt im November. Die Niederlage in Regensburg, sie blieb die einzige Darmstädter Pleite während der kompletten Hinserie. Die Bilanz: zehn Siege, sechs Remis und eben jenes Match im Jahn-Stadion. Insgesamt 36 Punkte haben die Lilien an den ersten 17 Spieltagen dieses Halbjahres gesammelt. Zudem feierte die Mannschaft vom Böllenfalltor damit die beste Zweitliga-Hinrunde der Vereinsgeschichte seit Einführung der Drei-Punkte-Regelung. „Ich bin massiv stolz“, verdeutlichte Torsten Lieberknecht und fügte mit größtmöglicher Anerkennung hinzu: „Wir haben eine fantastische Hinrunde gespielt. Die Jungs und alle drumherum machen einen sensationellen Job.“
Auf dem Zahnfleisch
Die harte Arbeit eines jeden Darmstädters, sie zahlte sich aus und führte auch im Heimspiel gegen Greuther Fürth zu einem weiteren Zähler. 1:1, so der Endstand nach hart umkämpften 90 Minuten. „Ich ziehe alles, was ich habe, vor meiner Mannschaft. Sie haben heute noch einmal eine absolute Willensleistung gezeigt“, lobte der Cheftrainer. Gerade vor dem Hintergrund der angespannten Personallage, die den SV 98 schon seit Wochen begleitet. Hinzukam auch noch das schwierige Auswärtsspiel in Magdeburg am Donnerstagabend, was nur sehr wenig Regenerationszeit zuließ. Lieberknecht: „Das sind allesamt Dinge, die die ohnehin schon große Herausforderung gegen formstarke Fürther nochmal größer gemacht haben.“ Er und seine Trainerteam hätten erst am Sonntagmorgen gewusst, welche Spieler überhaupt zur Verfügung stünden. Auf der Reservebank saßen angeschlagene Spieler wie Jannik Müller und Yassin Ben Balla oder Philipp Sonn (einen Tag zuvor 80 Minuten für die U19 im Einsatz), die wenn überhaupt nur im größten Notfall hätten auflaufen können. Daher merkte auch Tobias Kempe an: „Jeder hat gesehen, dass wir auf dem Zahnfleisch gehen.“
Umso bemerkenswerter also die Leistungen der Lilien in den vergangenen Wochen und Monaten. Denn dem SV 98 gelang es trotz zahlreicher Widerstände, seine beachtliche Ungeschlagen-Serie aufrechtzuerhalten: 16 Ligaspiele in Folge blieben die Darmstädter ohne Niederlage, stellten damit ihren eigenen Zweitliga-Rekord aus der Saison 2014/15 ein. Ohne Gejammer, dafür mit hundertprozentigem Einsatz und größtmöglicher Leidenschaft. Egal, wer auf dem Platz stand: Gemeinsam wurde die Arbeitet verrichtet. Und das Woche für Woche. Elf unterschiedliche Torschützen sorgten für insgesamt 27 Saisontore und sprechen damit für die Lastenverteilung im Kader des SV 98 – nur für Düsseldorf (13) und St. Pauli (12) trafen mehr unterschiedliche Spieler.
Aus Fehlern gelernt, mit beeindruckenden Zahlen geliefert
Dabei gab es auch in dieser insgesamt beeindruckenden Hinrunde kleinere Dellen, die es auszumerzen galt. Stellschrauben, die im laufenden Ligabetrieb gerichtet werden mussten. Wie nach den Partien zuhause gegen Bielefeld und Heidenheim oder in Kaiserslautern, in welchen die Lilien eigene Führungen teilweise nachlässig aus den Händen gaben. Spiele, aus denen die Südhessen ihre Schlüsse zogen. Fehler, aus denen sie lernten. Mit Erfolg. „Es ist klar, dass du in dieser Liga nicht jedes Spiel gewinnen kannst. Trotzdem haben wir eine unglaubliche Hinrunde gespielt“, machte Kempe deutlich. Die Zahlen, sie geben ihm recht.
Mit lediglich 15 Gegentoren stellten die Lilien die beste Defensive der Liga. Die Abwehr? Ein ohnehin wichtiger Darmstädter Faktor an den ersten 17 Spieltagen. Dank großer Stabilität in der Hintermannschaft und der nötigen Einstellung des Teams, gemeinsam im Verbund die Defensivarbeit zu verrichten, konnten die Lilien auch knappe Spiele für sich entscheiden. Weil sie entweder nur wenige oder sogar gar keine Gegentore kassierten. Mit einer Zweikampfquote von 51,3 Prozent zählten die Südhessen zudem zu den drei zweikampfstärksten Teams der Liga, belegten in der Statistik gewonnener Luftzweikämpfe (55,7 Prozent) gar den ersten Platz. Wer die Gründe für solch beachtliche Zahlen sucht, wird unter anderem im Innenleben des Lilien-Kaders fündig. „Jeder ist für jeden da“, betonte Alexander Brunst nach dem Fürth-Spiel und unterstrich umgehend: „Wir haben einfach eine geile Mannschaft.“
Eine Mannschaft, die sich nun in einer langen Winterpause erholen kann. „Ausruhen, Kraft tanken und dann geht’s weiter“, fasste Kempe zusammen. Und Lieberknecht war bereits wenige Minuten nach Abpfiff des Fürth-Spiels voller Vorfreude. Er betonte: „Wir freuen uns auf alles, was kommt“. Auf die Einweihung des umgebauten Merck-Stadions am Böllenfalltor, aufs Hessenderby im DFB-Pokal sowie 17 weitere Zweitliga-Aufgaben. Während auf die Lilien noch im Dezember mit dem Freundschaftsspiel gegen Young Boys Bern (17.12./18 Uhr) das letzte Highlight des Jahres wartet, geht die Liga erst Ende Januar weiter. Mit einem Heimspiel gegen Jahn Regensburg (28.1./13 Uhr). Das Ziel? Nach einer fantastischen Hinrunde genau da weitermachen, wo sie im November aufgehört haben.