Optimismus, Mut und Energie sind die Triebfedern für einen 17-Jährigen, der sich dazu entschließt, in die pulsierende Metropole New York zu ziehen. Dabei spielen nicht nur diese Eigenschaften eine Rolle, sondern auch ein beachtliches Talent und Können, um an einer der renommiertesten Universitäten, der Columbia-University, ein Mathematik-Studium erfolgreich zu absolvieren. „Es war wahrscheinlich die prägendste Zeit meines Lebens. Mit 17 bin ich nach New York gezogen. Davor habe ich in einer großen, aber sehr geschützten italienischen Familie gelebt und bin dann in eine völlig neue Welt gekommen. Die Vielzahl der Angebote an der Universität und die Anonymität, in der man sich entfalten konnte, waren beeindruckend. Es waren viele intensive Eindrücke auf einmal“, erinnerte sich Pellegrino Matarazzo gegenüber dem SWR an seine ersten Schritte ins Erwachsenwerden.
Der Amerikaner mit italienischen Wurzeln hat das Studentenleben in vollen Zügen genossen. Von intensiven Lernphasen bis hin zum New Yorker Nachtleben, wie er selbst in einem vereinsinternen Interview mit seinem damaligen Club, dem VfB Stuttgart, sowie gegenüber der Zeitschrift 11Freunde erzählte: „Ich saß in Kursen mit Leuten, die so unglaublich brilliant waren, dass ich mich heute noch frage, wie solche Gehirne funktionieren. Ich musste richtig viel investieren, zwei Wochen vor den Prüfungen bin ich richtiggehend zum Lernen verschwunden. Meine Eltern haben dann nichts mehr von mir gehört, weil ich mich komplett eingeschlossen habe.“ Und weiter: „Wir waren oft nachts unterwegs, das Angebot in New York ist halt riesig. Einmal haben wir einen All-Night-Bike-Ride unternommen, also die ganze Nacht über Manhattan auf dem Fahrrad erkundet. Um fünf Uhr morgens haben wir auf der Straße ein Möbelstück gefunden, von dem einer meiner Freunde meinte, dass es ideal sei, um daraus eine Bar zu machen. Also haben wir es nachts durch die Stadt geschleppt und in unserem Wohnheim die „Upper Ninety“ gemacht – eine Fußballbar, benannt nach dem oberen Torwinkel. Da haben wir dann immer Spiele im Fernsehen gezeigt.“
Doch wie kommt man von einem Mathematik-Studium in den Profifußball? Pellegrino Matarazzo, aktuell Cheftrainer der TSG Hoffenheim, stand vor dieser scheinbaren Diskrepanz. Dies mag besonders in den USA, wo Fußball zu seiner Studienzeit einen anderen Stellenwert hatte als im europäischen Raum, als ungewöhnlich erscheinen. Aber auch diese Erfahrung ist Matarazzo im Gedächtnis geblieben, wie er im Bundesliga-Interview erklärte: „Als Fußballer war ich definitiv uncool. In meinem Heimatort gab es jedoch eine kleine Gruppe von Leuten, die den Fußball für sich entdeckt hatten. Wir waren zwar in der Minderheit, aber es entstand kein schlechtes Gefühl, denn wir teilten die gemeinsame Leidenschaft für diesen Sport.“ Es war vor allem die Familie, insbesondere sein Vater, die den jungen Matarazzo für den Fußball begeisterten. „Sonntags war immer der Familientag, an dem sich unsere Familie mit den Familien der Geschwister meines Vaters bei meinen Großeltern getroffen hat. Es begann mit einem guten Essen, gefolgt von gemeinsamen Fußballspielen im Park. Zwar spielten wir auf Toren ohne Netze, aber es war immer eine riesige Gaudi“, so Matarazzo im Gespräch mit dem VfB Stuttgart. Der Fußball begleitete ihn von klein auf und entwickelte sich zu seiner großen Leidenschaft. Diese Leidenschaft führte zu dem Traum, als Fußballprofi in Europa zu spielen. Während seines Studiums kickte der Italo-Amerikaner in der Uni-Mannschaft. Nach dem Studium wollte er sich in Italien ganz dem Profifußball widmen. Doch trotz eines erfolgreichen Probetrainings bot sich keine Perspektive. „Irgendwann kehrte ich in die USA zurück und überlegte, welche Möglichkeiten ich hatte. Dann war ich wieder mit meiner Fußballtruppe im Park, ein Scout aus Deutschland sah mich und fragte, ob ich Lust auf ein Probetraining in Bad Kreuznach hätte“, erzählt er.
Letztendlich fand er seine sportliche Heimat beim 1. FC Nürnberg, wo er nicht nur als aktiver Spieler tätig war, sondern auch seine Trainerausbildung absolvierte. Nach seinem Karriereende stieg er als Co-Trainer unter Rene Müller in das Coaching-Geschäft ein. Nach langjähriger Arbeit im Nachwuchsbereich des Clubs und bei der TSG Hoffenheim folgte unter seinem Freund Julian Nagelsmann der Schritt auf die Trainerbank der Bundesliga. Von dort aus erfolgte dann seine erste eigenständige Station als Cheftrainer beim VfB Stuttgart, die zwei Jahre dauerte (2020-2022).
Mittlerweile ist er zur TSG Hoffenheim zurückgekehrt. „Ich kam nach Deutschland, ganz alleine, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Jetzt bin ich Bundesligatrainer“, verkündete er stolz gegenüber dem SWR. Seine Art? Offen und ehrlich, aber auch kritisch. Sein Motto lautet: „no problems – only solutions“ – ganz im Sinne des optimistischen Amerikaners, der seine Emotionen unter Kontrolle hat.