Bochums Trainer war früher Lehrer in Lissabon. Was für manche jetzt wie eine ausgedachte Geschichte klingt, trug sich tatsächlich so zu. Der Begriff „Fußballlehrer“ trifft daher wortwörtlich genommen wahrscheinlich auf kaum einen besser zu als auf Thomas Letsch. Denn der mittlerweile 55-Jährige studierte während seiner Trainertätigkeit noch Mathematik und Sport auf Lehramt. Parallel arbeitete der Schwabe als Trainer und an seinem alten Gymnasium Plochingen, welches er schon als Schüler besucht hatte. „In den Profibereich als Trainer zu kommen, war damals schwer vorstellbar“, beschrieb Letsch seine Situation in einem vereinseigenen Interview und seine Entscheidung, etwas Neues machen zu wollen, obwohl er mit seinem damaligen Klub, der SG Sonnenhof Großaspach, gerade in die Regionalliga aufgestiegen war.
Letsch wollte in den Auslandsschuldienst gehen und entschied sich schließlich nach einer Anfrage, mit seiner Familie nach Lissabon zu ziehen. Drei Jahre lang arbeitete er dort an einer deutschen Schule. „Ich wollte auch länger bleiben, aber dann kam der Fußball dazwischen“, erzählte Letsch. Es folgten Trainer-Stationen in Österreich und bei Erzgebirge Aue. Als Spieler in die Topligen schaffte er es nicht: „Es hat nicht gereicht zum Profi. Es hat auch nichts mit Verletzungen zu tun. Ich war einfach nicht gut genug.“
Der große Durchbruch gelang Letsch dann als Trainer in den Niederlanden bei Vitesse Arnheim. Mit Arnheim holte er in 101 Spielen im Schnitt 1,61 Punkte und belegte die Plätze vier und sechs. Der Trainer etablierte das hohe Pressing und das direkte Spiel nach vorne: „Alle waren skeptisch, was macht er da? Jetzt sind die Leute begeistert“, erzählte Letsch damals in einem Interview bei sport1. In der Saison 2021/22 erreichte er mit Vitesse das Achtelfinale der UEFA Conference League. Zum Vergleich: In der aktuellen Saison ist der Verein gerade Vorletzter in der Eredivisie. Außerhalb der Niederlande kannte aber fast keiner den Coach, was auch Jürgen Klopp auf einer Pressekonferenz belegte, als er auf Nachfrage eines Journalisten Letschs Namen nicht kannte. Der Schwabe ist ein kommunikativer Typ und holt die Leute mit ins Boot. Seit 2022 steht er nun bei Bochum auf der Kommandobrücke. Mit dem VfL sicherte er den zweiten Klassenerhalt in Folge.