Regeneration. Das ist die Wiederherstellung eines spürbaren Wohlbefindens auf physischer und psychischer Ebene nach einer Belastung – mit dem Ziel, die Batterien eines jeden wieder voll aufzuladen. “Damit wir für die nächsten Gegner in der Englischen Woche präpariert sind”, erklärte Phillip Tietz noch in Karlsruhe. Wie ernst die gesamte Darmstädter Mannschaft das Thema der Regeneration nahm, konnte bereits im Wildparkstadion beobachtet werden. Schließlich wartet auf die Lilien eine – Zitat Torsten Lieberknecht – „kernige“ Englische Woche samt drei Spielen in gerade einmal sechs Tagen.
„Herz auf dem Platz gelassen“
Und die erste von insgesamt drei knackigen Herausforderungen haben die Lilien gemeistert. “Es war besonders wichtig, wie wir in diese schwere Woche reinfinden”, betonte Lieberknecht auf der Pressekonferenz nach der Begegnung mit dem KSC. Einen tausendprozentigen Fokus auf das Duell mit den Badenern hatte der Cheftrainer im Vorfeld gefordert. Worte, die seine Schützlinge verinnerlichten. So betonte Tietz: “Man hat gesehen, dass wir unbedingt wollten und das Herz auf dem Platz gelassen haben.”
Daran änderte auch die zwischenzeitliche Führung der Gastgeber nichts. Mit einem 0:1 waren die Lilien in die Halbzeitpause gegangen. “Doch wussten wir, dass wir Spiele drehen können”, verdeutlichte Fabian Holland. Das weiß der SV 98 spätestens seit dem 2:1-Sieg in Paderborn, dem ebenfalls ein 0:1-Rückstand vorausgegangen war. Das wissen die Darmstädter aber auch aus Kaiserslautern, wo sie ganz spät noch im Hintertreffen lagen und in letzter Minute ein Unentschieden erkämpften. Es sind diese gedrehten Partien, die dieser Mannschaft den nötigen Glauben verleihen. Spiele, die man sich ins Gedächtnis rufen kann, wenn es während einer Partie ergebnistechnisch mal nicht nach Plan läuft.
Von Mentalität und Selbstvertrauen
Und genau das taten die Lilien auch in Karlsruhe, wo der SV Darmstadt 98 einmal mehr in dieser Saison seine Willensstärke unter Beweis stellte. Es zeugt von einer gesunden Mentalität und einem wohldurchbluteten Lilien-Herz, dass die Südhessen in den vergangenen Wochen auch nach Rückständen immer wieder punkten können. Ganze sieben Zähler konnte die Mannschaft von Torsten Lieberknecht in dieser Spielzeit bereits nach Rückstand noch einfahren. Nach dem FCK (9) ist das der beste Wert der 2. Bundesliga. Ein Fakt, der nach Spieltagen wie gegen Bielefeld oder Heidenheim im September besonders wohltuend wirkt. Schafften es die Lilien damals nicht, knappe Führungen über die Zeit zu bringen, haben sie genau aus diesen am Ende unglücklich verlaufenen Partien ihre Lehren und eigene Stärke gezogen. Die Duelle in Paderborn, zuhause gegen Düsseldorf und jetzt in Karlsruhe zeigten, dass der SV 98 auch 50:50-Spiele für sich entscheiden kann.
Damit sind die Lilien seit insgesamt elf Ligaspielen ungeschlagen, seit vier Partien sogar ohne Punktverlust. “Die Serie gibt uns Selbstvertrauen”, verriet Tietz. Mehr aber auch nicht. Es zeichnet eben diese Darmstädter Mannschaft aus, dass sie trotz einer solchen Serie nicht abhebt, sondern weiter fest mit beiden Beinen auf dem Boden bleibt. “Es ist eine herausragende Situation, dass wir bereits 27 Punkte eingefahren haben”, weiß auch Lieberknecht. Doch sei es daher umso wichtiger, weiter ruhig zu bleiben und in Ruhe weiterzuarbeiten. Schließlich warten allein in dieser Woche mit dem Erstligisten Borussia Mönchengladbach (18.10./20.45 Uhr) im DFB-Pokal und einem formstarken Holstein Kiel (21.10./18.30 Uhr) in der Liga zwei weitere knifflige Aufgaben.
„Wir wollen am Dienstag eine Runde weiter kommen“
Aufgaben, die die Lilien lösen wollen – eine nach der anderen. Der erneut tausendprozentige Fokus der Darmstädter richtete sich daher bereits nach Abpfiff im Wildparkstadion auf das Pokalduell gegen den fünfmaligen Deutschen Meister und dreifachen Pokalgewinner aus Mönchengladbach. Und Phillip Tietz gab für diese Begegnung schon einmal die Marschroute vor. Er sagte: “Ich bin ganz offen und muss auch kein Geheimnis draus machen: Wir wollen am Dienstag eine Runde weiter kommen”. Doch dafür braucht es bis dahin zunächst einmal eine ordentliche Regeneration. Und dann natürlich gegen den Bundesligisten eine mindestens genauso starke Mentalität sowie ein wohldurchblutetes und blau-weißes Lilien-Herz, welches im Merck-Stadion am Böllenfalltor abermals auf dem Platz gelassen werden kann.