sv98.de: Wie überraschend kam für den Verein die Entscheidung von Dimitrios Grammozis?
Carsten Wehlmann: „Sehr überraschend. Wir lagen zwar bei der Dauer der Vertragslaufzeit auseinander, waren aber optimistisch, dass wir eine Einigung hätten finden können. Letzten Endes ist es aber seine Entscheidung, die man akzeptieren und respektieren muss. Jeder hatte seine Prinzipien, und dann ist es jetzt so, dass man sich am Ende der Saison die Hand schüttelt und für die gemeinsame Zeit bedankt.“
sv98.de: Wie sehr bedauerst du seine Entscheidung, im Sommer bei den Lilien aufzuhören?
Wehlmann: „Wir hätten sehr gerne mit ihm verlängert und uns gewünscht, dass er das ihm vorliegende Angebot angenommen hätte. Dimi hatte die Chance, bei uns über den Sommer hinaus zu arbeiten, diese wollte er nicht wahrnehmen, jedenfalls nicht zu den Konditionen. Solche Entscheidungen muss man nicht immer hundertprozentig nachvollziehen können, aber sie sind legitim. Deswegen macht es jetzt auch keinen Sinn, Schuldige suchen zu wollen – Schwarz-weiß-Denken macht weder in die eine noch in die andere Richtung Sinn. Wir sind alle bestrebt, gemeinsam noch so viele Punkte wie möglich einzufahren und die Saison, die für uns seit einigen Wochen punktemäßig auf einem guten Weg ist, zu einem erfolgreichen Ende zu führen. Und ich bin davon überzeugt, dass uns das gelingen wird.“
sv98.de: Ist ein Einjahresvertrag ein Zeichen für mangelndes Vertrauen gegenüber dem Cheftrainer?
Wehlmann: „Nein, von diesem Schluss muss man sich freimachen. Wenn wir Dimi nicht ausreichend vertraut hätten, hätten wir ihm gar keinen Vertrag angeboten, denn gerade auf so einer wichtigen Vereinsposition kann man Entscheidungen nur aus vollster Überzeugung treffen. Diese Überzeugung hatten wir vor rund einem Jahr, als wir ihm die Chance als Profi-Cheftrainer gegeben haben und diese Überzeugung besteht weiterhin zu 100 Prozent. Wir hatten im Vergleich zum Status quo einen auch finanziell verbesserten Vertrag angeboten, am Ende hat für uns wirtschaftliche Vernunft – und das betrifft auch die Laufzeit – aber absolute Priorität. Denn wenn wir eines aus der Vergangenheit gelernt haben, dann dass kein Einzelner größer ist als der Verein. Vereinsinteressen sind immer wichtiger als individuelle Interessen.“
sv98.de: Ist ein Einjahresvertrag Zeichen, dass man mit einem Trainer nicht langfristig plant?
Wehlmann: „Langfristige Ideen zur Weiterentwicklung haben erst mal nicht zwingend mit Vertragslaufzeiten zu tun. Es hätte auch überhaupt nichts dagegen gesprochen, wenn man im Herbst oder Winter erneut zu einer weiteren vorzeitigen Vertragsverlängerung übereingekommen wäre. Aber nur weil wir mit einem Trainer langfristig zusammenarbeiten wollen, müssen wir das nicht zwangsläufig auch sofort auch mit einem langfristigen Vertrag darstellen, denn das wäre unter finanziellen Gesichtspunkten fahrlässig. Im Übrigen wären wir mit Dimi kommende Saison in unsere dritte Spielzeit gegangen, bei Erfüllung wäre er 2,5 Jahre im Verein gewesen.“
sv98.de: Wie üblich sind Einjahresverträge?
Wehlmann: „Nur für Darmstadt sind sie aufgrund der vergangenen Jahre vielleicht unüblich. Aber auch Osnabrück und Daniel Thioune haben im Herbst den zum Saisonende auslaufenden Vertrag um ein Jahr bis 2021 verlängert, Greuther Fürth und Stefan Leitl im Spätherbst ebenso. Fakt ist: Dimitrios Grammozis hatte und hat unser vollstes Vertrauen.“
sv98.de: Angeblich soll in den Gesprächen mit Dimitrios Grammozis gesagt worden sein, dass der Spieler-Etat gesenkt werden soll und gleichzeitig höhere sportliche Ziele ausgegeben worden seien. Was ist da dran?
Wehlmann: „Wenn Falschmeldungen in der Öffentlichkeit auftauchen, dann kann ich das nicht nachvollziehen. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich noch überhaupt nicht sagen, wie hoch unser Etat sein wird, das hängt auch zu einem bedeutsamen Teil davon ab, auf welchem Tabellenplatz wir schlussendlich landen werden. Da kann ein Platz durchaus 800.000 bis 900.000 Euro in der TV-Tabelle ausmachen. Dadurch können wir auch noch gar nicht exakt sagen, wie viel Geld wir im Sommer zur Verfügung haben werden und daraus resultierend, wie unsere konkreten Saisonziele aussehen werden. Ziel wird es aber auch künftig sein, sich weiter in der Liga zu etablieren und eine gute Rolle zu spielen. Alles andere ist unwahr.“
sv98.de: Wie sehr befürchtest du, dass die restliche Saison davon Schaden nehmen kann?
Wehlmann: „Wir haben bislang ein tolles gemeinsames Jahr erlebt und sind davon überzeugt, dass die Zusammenarbeit bis Sommer weiter erfolgreich sein wird. Letztendlich haben beide Seiten den absoluten Willen, größtmöglichen Erfolg zu haben. Dimi ist ein Profi, die Spieler sind Profis und auch wir gehen mit der Situation professionell um und werden die bestmögliche Lösung für die Zukunft finden. Ich gehe fest davon aus, dass wir am Samstag gegen Heidenheim ein gutes und positives Spiel abliefern werden. Denn am Ende sind wir uns alle einig, dass es um Darmstadt 98 geht und um nichts anderes.“