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29.09.2023 / Profis

Werder Bremen im Gegnercheck

„Oh Kahn unsicher. Klasnic, Tooor!“, kommentiert Marcel Reif in der 19. Minute aus dem Münchner Olympiastadion. „Und die Möglichkeit, und das Tor, Tooor durch Micoud!“, schreit er nur sieben Zeigerumdrehungen später ins Premiere-Mikrofon. „Ailton versucht den Kunstschuss… Und trifft. Es geht ja alles!“, reibt sich der Kommentator fast schon verwundert über diese Bremer Offensive am 32. Spieltag der Bundesliga-Saison 2003/04 die Augen. Der SV Werder Bremen gewinnt das Duell mit Bayern München am Ende mit 3:1 und feiert ausgerechnet auswärts bei den Bayern die Deutsche Meisterschaft. Thomas Schaaf schwenkt später die Werder-Fahne nach der Landung in Bremen aus dem Cockpit des Meister-Fliegers, Ailton lässt sich irgendwann danach nackt auf einem Sofa liegend nur mit Meisterschale bekleidet fotografieren. Und dann entsteht auch noch die Hymne „Lebenslang grün-weiß“. Was für eine Zeit.

Foto: eibner Pressefotos

Thomas Schaaf ist heute Ehrenmitglied des SV Werder Bremen, Ivan Klasnic und Ailton gehen nur noch für die Traditionsmannschaft der Grün-Weißen auf Torejagd und Marcel Reif hat seine Kommentatoren-Karriere beim früheren Premiere-Sender Sky 2016 beendet. Doch seine Sätze aus dem Olympiastadion der Münchner haben noch heute ihren festen Platz in der Werder-Hymne und sind dort noch immer zu hören – auch wenn der Trainer mittlerweile Ole Werner heißt, im Angriff Marvin Ducksch sowie Rafael Borré agieren und der Double-Sieg über 19 Jahre her ist. Werder Bremen gehört genau wie „Lebenslang grün-weiß“ zum Inventar der Bundesliga. Die goldenen Bremer Jahre liegen zwar schon etwas zurück, doch noch immer belegt der SVW den dritten Rang in der Ewigen Bundesliga-Tabelle. Was läuft für die die Werderaner in dieser Spielzeit bislang so richtig gut? Was ist ihr aktueller Cheftrainer für ein Typ? Und auf welchen Spieler gilt es besonders zu achten? Wir nehmen den kommenden Gegner der Lilien genauer unter die Lupe. Der SV Werder Bremen im Gegnercheck.

Der Trainer

Im Alter von 23 Jahren. Nein, Ole Werner spielte zu diesem Zeitpunkt nicht in der 1. Bundesliga. Auch nicht in der 2. oder 3. Liga. „Work & Travel“ stand bei ihm auf dem Programm, nachdem er seine aktive Laufbahn aufgrund von Hüftproblemen frühzeitig beenden musste. Also: Für ein Jahr ab nach Australien. Ein bisschen Geld verdienen, um dann Land und Leute besser kennenzulernen und herumzureisen. „Ich habe in Sydney sieben Monate als Gärtner gearbeitet, bin danach noch vom erarbeiteten Geld durch Australien und Indonesien gereist“, erklärte er einst in einem Interview mit der Bild-Zeitung. Zurück in Deutschland begann er ein Studium der Wirtschaftswissenschaften. Nebenbei arbeitete Werner als Jugendtrainer. Weil das Trainersein deutlich mehr Spaß machte als das Studieren, kehrte er der Universität den Rücken. Zum Glück für Holstein Kiel, zum Glück letztendlich auch für Werder Bremen.

Bei den Störchen trainierte er in der Jugend, übernahm später die zweite Mannschaft. Weil er als Interimstrainer bei den Profis gute Arbeit leistete, verlieh ihm Holstein Kiel im Oktober 2019 das Amt des Chefcoaches. In seinem ersten Jahr an der Förde landete er mit der KSV auf dem elften Platz der 2. Bundesliga. Ein Jahr später kratzte er mit den Störchen bereits an der Tür zur 1. Bundesliga, verpasste den Aufstieg aber in der Relegation. Ein Schritt, der ihm in Kiel nicht gelang. Direkt in seinem ersten Werder-Jahr dagegen schon. Im Oktober 2021 stellte der SVW Ole Werner als neuen Cheftrainer vor. Der Norddeutsche, geboren im schleswig-holsteinischen Preetz, sollte die Grün-Weißen zurück ins deutsche Fußball-Oberhaus führen. Gesagt, getan. Damit aber nicht genug. Der für seine Akribie und Klarheit geschätzte 35-Jährige schaffte mit den Grün-Weißen den Klassenerhalt. Ein Anlass für die Verantwortlichen an Weser, den Kontrakt des Übungsleiters in diesem Sommer zu verlängern. Werner dazu: „Wir sind dabei, sukzessive ein Team aufzubauen und zu entwickeln, um Werder langfristig in der Bundesliga zu etablieren. Dieser Herausforderung stelle ich mich gerne, weil ich hier auch das Gefühl habe, dass alle Verantwortlichen an einem Strang ziehen und gemeinsam an diesem Ziel arbeiten.“

Foto: eibner Pressefotos

Transfermarkt

Top-Neuzugänge Top-Abgänge
Naby Keita (28, Liverpool FC) Niclas Füllkrug (30, Borussia Dortmund)
Rafael Borré (27, Eintracht Frankfurt) Ilia Gruev (23, Leeds United)
Senne Lynen (24, Royale Union Saint Gilloise) Lee Buchanan (22, Birmingham City)
Olivier Deman (23, Cercle Brügge) Niklas Schmidt (25, FC Toulouse)
Dawid Kownacki (26, Fortuna Düsseldorf) Oliver Burke (26, Birmingham City)

Prunkstück

Das Goldene Händchen von Ole Werner. Wenn der Cheftrainer von Werder Bremen während eines Spiels eine Auswechslung vornimmt, dann dürfen sich die Fans der Grün-Weißen in dieser Saison aufs Jubeln einstellen. Schließlich erzielte kein anderer Verein in der aktuellen Bundesliga-Spielzeit mehr Treffer durch Einwechselspieler. Die Werder-Joker? Sie stechen. Gleich vier Joker-Tore haben die Mannen von der Weser an den ersten fünf Spieltagen erzielt, hinzukommen zwei Torvorlagen durch frische Akteure. Während Marvin Ducksch und Leonardo Bittencourt je einen Treffer erzielten, nachdem sie von Ole Werner aufs Feld geschickt wurden, lieferte Olivier Deman einen Assist. Werders Edeljoker aber, das ist Justin Njinmah mit zwei Toren und einer Vorlage. Ein junger Mann, den wir uns im nächsten Abschnitt einmal genauer anschauen.

All Eyes on ...

Wohl dem, der so eine Waffe von der Bank bringen kann! Justin Njinmah, 22 Jahre jung. In der Offensive flexibel einsetzbar und dazu auch noch pfeilschnell. „Als Verteidiger weiß ich: Wenn man 70 Minuten einem hinterherläuft, dann nicht mehr so richtig kann und dann so ein Pfeil von außen kommt – das ist nicht einfach“, so Werder-Verteidiger Niklas Stark angesprochen auf den deutsch-nigerianischen Joker in seinem Team. Wenn Nijnmah kommt, läuft’s für die Grün-Weißen. Weil er seinen Gegenspieler eben einfach davonläuft. 34,72 km/h war seine bisher gemessene Höchstgeschwindigkeit in dieser Spielzeit, seine enorme Schnelligkeit stellte er zuletzt im Heimspiel gegen Köln abermals unter Beweis. Von Ole Werner eingewechselt brauchte Njinmah nur gut anderthalb Minuten, um seinen Gegenspielern erst davon zu sprinten und dann auch noch mit seinen ersten Ballkontakten das entscheidende 2:1-Siegtor vor der Ostkurve im wohninvest Weserstadion zu erzielen. Etwas, was ihm zuvor beim 4:0-Heimsieg gegen Mainz schon einmal so ähnlich gelang. Da bereitete er sechs Minuten nach seiner Einwechslung einen Treffer vor, um dann wiederum eine Zeigerumdrehung später selbst zu knipsen.

„Mit seinem Tempo und seinen Qualitäten im Eins-gegen-eins hat er ganz außergewöhnliche Fähigkeiten“, bescheinigte ihm Cheftrainer Ole Werner bereits vor der Saison. Seit diesem Sommer darf er ihn wieder trainieren, kennen tun sich Werner und Njinmah allerdings schon aus Kieler Zeiten, als beide noch für die zweite Holstein-Mannschaft arbeiteten. Von dort aus ging es für den gebürtigen Hamburger 2021 in die U23 der Bremer. Im Januar 2022 statteten sie ihn bei Werder mit einem Profivertrag aus, um den Offensivakteur einen Tag nach der Unterzeichnung direkt für anderthalb Jahre zu Borussia Dortmund II zu verleihen. Ein guter Schachzug wie sich herausstellen sollte. Schließlich sammelte Nijnmah dort wichtige Erfahrungen in der 3. Liga, knipste in 51 Spielen insgesamt 18-mal und bereitete sieben Treffer vor. Nun trägt er nicht mehr das schwarz-gelbe, sondern das grün-weiße Trikot und brennt auf Einsatzzeit in der Bundesliga. „Wenn ich die Chance bekomme, dann werde ich alles tun, um sie zu nutzen“, sagte er direkt nach seiner Rückkehr gegenüber WerderTV. Und bislang, da nutzt er sie eindrucksvoll.

Foto: eibner Pressefotos

Blick in die Vitrine

  • Europapokal der Pokalsieger: 1991/92
  • Deutscher Meister: 2003/04, 1992/93, 1987/88 und 1964/65
  • DFB-Pokalsieger: 2008/09, 2003/04, 1998/99, 1993/94, 1990/91, 1960/61
  • Deutscher Superpokalsieger: 1994/95, 1993/94, 1988/89
  • Deutscher Ligapokalsieger: 2006/07
  • Deutscher Zweitligameister: 1980/81

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